Warum die ersten 90 Tage entscheiden
Lisa stand am Sonntagabend vor ihrem Kleiderschrank. Morgen würde ihr erster Tag bei DataFlow Solutions beginnen – ein Tech-Unternehmen mit 450 Mitarbeitern in Frankfurt. Sie hatte den Job als Business Analyst nach vier Vorstellungsrunden bekommen. Das Gehalt war gut, die Position spannend. Doch jetzt, am Abend vor dem Start, fühlte sie sich unvorbereitet. ersten Arbeitstag.
"Was, wenn ich die falschen Fragen stelle? Was, wenn alle schon jahrelang zusammenarbeiten und ich die Außenseiterin bin? Was, wenn ich in der ersten Woche einen dummen Fehler mache?"
Diese Gedanken kennen viele. Der erste Tag im neuen Job ist aufregend und einschüchternd zugleich. Doch es gibt einen Unterschied zwischen denjenigen, die im neuen Unternehmen schnell Fuß fassen, und denjenigen, die monatelang als "die Neue" herumirren. Der Unterschied liegt in der Vorbereitung.
Dieser Artikel zeigt dir, wie du die Onboarding-Phase aktiv gestaltest, strategisch netzwerkst und innerhalb der ersten drei Monate zu einem geschätzten Teammitglied wirst.
Die Woche vor dem Start: Informationsbeschaffung als Fundament
Lisa machte es richtig. Statt passiv auf ihren ersten Tag zu warten, wurde sie aktiv. Eine Woche vor ihrem Start begann sie mit gezielter Recherche.
Das Unternehmen aus der Insider-Perspektive verstehen
Lisa durchforstete die Firmen-Website – aber nicht nur die Karriereseite, sondern die gesamte Struktur. Sie las jeden Blogartikel der letzten sechs Monate, schaute sich die Case Studies an, analysierte, welche Kunden das Unternehmen hatte und mit welchen Technologien gearbeitet wurde.
Dann ging sie einen Schritt weiter: Sie recherchierte auf LinkedIn, wer in ihrem zukünftigen Team arbeitete. Ihr Chef, Dr. Sebastian Hoffmann, hatte vorher bei SAP gearbeitet und mehrere Artikel über agile Methoden veröffentlicht. Ihre zukünftige Kollegin Nina Becker hatte einen Hintergrund in Datenvisualisierung und war aktiv in der lokalen Data Science Community. LinkedIn-Profil.
Diese Informationen waren Gold wert. Lisa verstand nun, aus welcher Richtung ihr Chef kam, welche Themen ihm wichtig waren und wer im Team welche Expertise hatte.
Erstelle eine "Who's Who"-Übersicht: Notiere Namen, Positionen, Hintergründe und interessante Details zu jedem Teammitglied. Das hilft dir, schneller Anknüpfungspunkte zu finden und zeigt, dass du dich vorbereitet hast.
Branchenwissen auffrischen
DataFlow Solutions arbeitete im Bereich Predictive Analytics für den Einzelhandel. Lisa hatte zwar Erfahrung mit Datenanalyse, aber wenig Hintergrund im Retail-Sektor. Also investierte sie drei Abende:
- Sie las Fachartikel über aktuelle Trends im E-Commerce und stationären Handel
- Sie hörte Podcasts über Supply Chain Management und Customer Analytics
- Sie schaute sich YouTube-Videos über die wichtigsten KPIs im Retail an
- Sie las die Geschäftsberichte der größten Kunden von DataFlow
Das Ziel war nicht, zur Expertin zu werden. Das Ziel war, die Sprache zu verstehen, die Herausforderungen zu kennen und intelligente Fragen stellen zu können.
Die technische Umgebung vorbereiten
In ihrer Zusage hatte Lisa erfahren, dass DataFlow mit Python, SQL, Tableau und Jira arbeitete. Drei dieser Tools kannte sie gut, aber Tableau hatte sie zuletzt vor zwei Jahren genutzt. Also verbrachte sie zwei Stunden damit, die neuesten Features von Tableau zu erkunden und ein paar Übungsdashboards zu erstellen.
Zusätzlich las sie die Dokumentation von DataFlows internen Best Practices, die ihr die IT-Abteilung vorab geschickt hatte. Sie wusste nun, wo die wichtigsten Repositories lagen, wie die Dateistrukturen organisiert waren und welche Coding-Standards galten.
Der erste Tag: Zwischen Zuhören und Initiative zeigen
Als Lisa am Montagmorgen um 8:45 Uhr das Büro betrat, war sie nervös – aber vorbereitet. Sie trug Business Casual (sie hatte auf LinkedIn nachgesehen, was ihre zukünftigen Kollegen trugen) und hatte ein kleines Notizbuch dabei.
Der Empfang und die ersten Eindrücke
Ihr Onboarding-Buddy war Nina Becker, die Data Analyst, deren LinkedIn-Profil Lisa studiert hatte. Als Nina sich vorstellte, konnte Lisa gleich anknüpfen: "Freut mich, Nina! Ich habe gesehen, dass du letzten Monat bei der Data Viz Meetup in Frankfurt warst. Wie war der Vortrag über interaktive Dashboards?"
Ninas Gesicht hellte sich auf. "Du warst auch da? Oder verfolgst du die Meetups online?"
"Ich bin gerade erst nach Frankfurt gezogen, aber ich plane, beim nächsten Mal dabei zu sein. Das Thema klingt super relevant für meine Arbeit hier."
Dieser kurze Austausch tat zwei Dinge: Er zeigte Nina, dass Lisa sich vorbereitet hatte und echtes Interesse an der Arbeit hatte. Und er etablierte sofort einen gemeinsamen Nenner – ein wichtiges Element für den Beziehungsaufbau.
Das Einführungsgespräch mit dem Chef
Um 10 Uhr hatte Lisa ihr erstes Gespräch mit Dr. Hoffmann. Statt nur zuzuhören, kam sie mit drei vorbereiteten Fragen:
- "Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolge, die ich in den ersten drei Monaten erreichen sollte?"
- "Welche Projekte haben aktuell die höchste Priorität im Team?"
- "Gibt es bestimmte Kommunikationspräferenzen oder Arbeitsweisen, die Sie bevorzugen?"
Dr. Hoffmann war beeindruckt. "Die meisten neuen Mitarbeiter sitzen in diesem Gespräch und nicken einfach. Aber Sie stellen die richtigen Fragen."
Er erklärte, dass das Team gerade an einem großen Projekt für einen Lebensmitteleinzelhändler arbeitete, bei dem es um Demand Forecasting ging. Lisas Rolle würde darin bestehen, die Anforderungen der Kunden zu analysieren und in technische Spezifikationen zu übersetzen. In den ersten drei Monaten sollte sie das bestehende Projekt-Setup verstehen, erste kleinere Analysen selbst durchführen und dann schrittweise größere Verantwortung übernehmen.
"Und zur Kommunikation: Ich bevorzuge kurze, prägnante Updates per E-Mail am Ende der Woche. Bei dringenden Themen: Slack. Bei komplexen Diskussionen: Buchen Sie sich einfach 30 Minuten in meinen Kalender."
Lisa notierte alles. Sie hatte nun einen klaren Fahrplan.
Die "30-60-90-Tage-Ziele"-Technik: Frage deinen Vorgesetzten nach spezifischen Zielen für die ersten 30, 60 und 90 Tage. Das gibt dir Klarheit und zeigt, dass du ergebnisorientiert denkst. Halte diese Ziele schriftlich fest und reviewe sie regelmäßig.
Das Team-Lunch: Beziehungen aufbauen ohne aufdringlich zu sein
Mittags lud das Team Lisa zum gemeinsamen Lunch ein. Sie ging mit, obwohl sie eigentlich lieber allein gewesen wäre, um die Eindrücke zu verarbeiten. Aber sie wusste: Diese informellen Momente sind Gold wert.
Am Tisch saßen sechs Kollegen. Lisa hörte mehr zu, als dass sie redete. Sie stellte offene Fragen: "Wie lange seid ihr schon bei DataFlow? Was gefällt euch an der Arbeit hier am meisten? Welche Projekte laufen gerade?"
Die Kollegen erzählten. Lisa erfuhr, dass das Team jeden Freitag ein Team-Retro hatte, dass es einen internen Book Club gab (aktuelles Buch: "Thinking, Fast and Slow" von Kahneman) und dass die meisten Kollegen zwischen 9 und 17:30 Uhr arbeiteten, mit flexiblem Homeoffice am Mittwoch.
Sie erfuhr auch die inoffiziellen Regeln: Der Kaffee aus dem zweiten Stock war besser als der im eigenen Büro. Der Drucker im dritten Stock war langsam. Und Thomas aus der IT war der Retter in der Not, wenn man Zugangsprobleme hatte.
Diese "weichen" Informationen klingen trivial, sind aber entscheidend für die Integration.
Die erste Woche: Lernen, Fragen stellen, Beziehungen vertiefen
In der ersten Woche hatte Lisa einen klaren Fokus: Verstehen, wie die Dinge laufen. Nicht sofort liefern wollen, sondern den Kontext aufbauen.
Das "Coffee Chat"-Prinzip
Lisa nutzte eine Strategie, die sie von einem Karrierecoach gelernt hatte: In der ersten Woche plante sie jeden Tag einen "Coffee Chat" mit einem anderen Teammitglied. Nicht formell, einfach 15-20 Minuten, um die Person kennenzulernen.
Sie stellte Fragen wie:
- "Wie bist du zu DataFlow gekommen?"
- "Woran arbeitest du aktuell?"
- "Was sollte ich über die Zusammenarbeit im Team wissen?"
- "Gibt es ungeschriebene Regeln oder Tipps, die du mir mitgeben würdest?"
Durch diese Gespräche lernte Lisa nicht nur die fachlichen Rollen kennen, sondern auch die Persönlichkeiten. Sie erfuhr, dass Nina super hilfsbereit war, aber montags morgens lieber in Ruhe gelassen werden wollte. Dass Markus aus dem Team zwar zurückhaltend wirkte, aber ein wandelndes Lexikon für SQL-Optimierung war. Dass Sarah aus dem Produktmanagement die beste Ansprechpartnerin war, wenn man schnell Kundenfeedback brauchte.
Dokumentation als Lernwerkzeug
Während andere neue Mitarbeiter versuchten, sich alles zu merken, führte Lisa ein "Onboarding-Journal". Jeden Abend verbrachte sie 15 Minuten damit, die wichtigsten Learnings des Tages zu notieren:
- Neue Begriffe und Abkürzungen (z.B. "SKU" = Stock Keeping Unit, "MAPE" = Mean Absolute Percentage Error)
- Namen und Rollen von Personen, denen sie begegnet war
- Prozesse und Workflows, die sie beobachtet hatte
- Fragen, die noch offen waren
- Ideen, die ihr für zukünftige Verbesserungen kamen
Diese Dokumentation half ihr nicht nur beim Lernen, sondern wurde später auch zur Grundlage für ihr erstes Feedbackgespräch mit Dr. Hoffmann.
Erstelle eine "Onboarding-FAQ" für dich selbst: Jedes Mal, wenn du eine Frage hast, schreibe sie auf. Wenn du die Antwort erfährst, dokumentiere sie. Nach drei Monaten hast du ein wertvolles Nachschlagewerk – und kannst es sogar zukünftigen neuen Kollegen weitergeben, was dich als proaktiv und hilfsbereit positioniert.
Woche 2-4: Von der Beobachterin zur Mitwirkenden
Nach der ersten Woche wechselte Lisa in den Modus "aktives Mitwirken". Sie hatte genug Kontext, um sinnvoll beizutragen.
Erste kleine Erfolge schaffen
In Woche 2 bekam Lisa ihre erste eigenständige Aufgabe: Eine explorative Datenanalyse für einen potenziellen neuen Kunden. Die Analyse sollte zeigen, welche Muster in den historischen Verkaufsdaten erkennbar waren.
Lisa lieferte nicht nur die Analyse, sondern auch eine kurze Präsentation mit drei konkreten Hypothesen, die man weiterverfolgen könnte. Dr. Hoffmann war beeindruckt: "Das ist mehr, als ich erwartet hatte. Gute Arbeit."
Dieser erste kleine Erfolg gab Lisa Selbstvertrauen – und zeigte dem Team, dass sie mehr konnte, als nur zuzuhören.
Feedback aktiv einholen
In Woche 3 ging Lisa proaktiv auf Dr. Hoffmann zu: "Ich würde gern ein kurzes Feedbackgespräch führen. Wie läuft mein Start aus Ihrer Sicht? Gibt es Bereiche, in denen ich mich verbessern sollte?"
Dr. Hoffmann schätzte diese Initiative. "Ehrlich gesagt läuft es sehr gut. Sie stellen die richtigen Fragen, Sie liefern gute Arbeit, und das Team hat positiv über Sie gesprochen. Ein Punkt: Sie könnten in Meetings noch etwas selbstbewusster auftreten. Sie haben gute Ideen – trauen Sie sich, sie zu äußern, auch wenn Sie noch neu sind."
Dieses Feedback war konkret und hilfreich. Lisa nahm es sich zu Herzen. Ab dem nächsten Team-Meeting meldete sie sich aktiv zu Wort – zunächst mit Fragen, dann auch mit Vorschlägen.
Networking über das eigene Team hinaus
Lisa erkannte früh, dass es nicht reichte, nur im eigenen Team vernetzt zu sein. Sie musste auch die angrenzenden Teams kennenlernen – Produktmanagement, Engineering, Sales.
Sie bat Nina um eine Einführung ins Produktmanagement-Team. "Ich würde gern besser verstehen, wie die Zusammenarbeit zwischen uns und PM funktioniert. Könntest du mich mit Sarah connecten?"
Nina tat das gerne. Lisa hatte ein 30-minütiges Gespräch mit Sarah, lernte die Prioritäten und Herausforderungen des PM-Teams kennen und bot an, bei Bedarf zu helfen. Zwei Wochen später kam Sarah auf Lisa zu: "Wir haben ein Kundenproblem und brauchen schnell eine Datenanalyse. Kannst du helfen?"
Lisa konnte. Dieser Moment festigte nicht nur ihre Beziehung zu Sarah, sondern machte sie auch sichtbar außerhalb ihres direkten Teams.
Monat 2: Sichtbarkeit und Wertbeitrag steigern
Im zweiten Monat hatte Lisa die Grundlagen verstanden. Jetzt ging es darum, strategischer zu agieren.
Der neue Job wartet!: Das Interview ist geschafft, bald geht es los. Kennst du Freunde, die noch auf Jobsuche sind? Empfiehl BewerbungsFreund – gemeinsam macht Erfolg mehr Spaß.
Ein eigenes Projekt initiieren
Lisa bemerkte in ihren ersten Wochen ein wiederkehrendes Problem: Die Reports, die das Team für Kunden erstellte, waren sehr manuell und zeitaufwendig. Jedes Mal musste jemand Daten aus verschiedenen Quellen zusammenführen, bereinigen und visualisieren.
Sie sprach Dr. Hoffmann darauf an: "Ich habe eine Idee. Was, wenn wir einen automatisierten Report-Generator bauen? Ich könnte ein Python-Script schreiben, das die Daten aus unseren Datenbanken zieht, die wichtigsten Analysen durchführt und ein standardisiertes Dashboard erstellt. Das würde uns Stunden pro Woche sparen."
Dr. Hoffmann war interessiert. "Gute Idee. Aber prüfen Sie zuerst, ob so etwas nicht schon existiert oder ob jemand anderes schon daran gearbeitet hat. Wenn nicht: Machen Sie einen kleinen Proof of Concept, und wir schauen, ob wir das ausrollen."
Lisa recherchierte, fand heraus, dass es tatsächlich noch keine solche Lösung gab, und baute in ihrer freien Zeit einen Prototyp. Zwei Wochen später präsentierte sie ihn im Team-Meeting. Die Resonanz war positiv. Das Tool wurde ausgerollt – und Lisa hatte ihren ersten sichtbaren Impact geliefert.
Die "Quick Win"-Strategie: Identifiziere in den ersten zwei Monaten kleine, lösbare Probleme, die niemand auf dem Radar hat. Löse sie proaktiv. Diese "Quick Wins" zeigen Initiative, schaffen Mehrwert und machen dich sichtbar – ohne dass du auf große Projekte warten musst.
Sich als Experte positionieren
Lisa erkannte, dass sie eine Fähigkeit hatte, die im Team selten war: Sie war hervorragend darin, komplexe Datenanalysen verständlich zu kommunizieren. Während andere Analysten technisch versiert waren, taten sie sich schwer, ihre Ergebnisse so zu präsentieren, dass auch Nicht-Datenexperten sie verstanden.
Lisa bot an, einen internen Workshop zu halten: "Data Storytelling – Wie man Analysen überzeugend präsentiert". Der Workshop war gut besucht, die Kollegen dankbar. Lisa hatte sich eine Nische geschaffen.
Monat 3: Integration abschließen und vorausschauen
Am Ende von Monat 3 war Lisa kein "neues Teammitglied" mehr. Sie war Teil des Teams.
Das 90-Tage-Review: Erfolge sichtbar machen
Nach drei Monaten hatte Lisa ihr formelles Feedbackgespräch. Sie bereitete sich akribisch vor. Sie erstellte eine Liste ihrer Erfolge:
- Drei erfolgreiche Kundenanalysen durchgeführt
- Einen automatisierten Report-Generator entwickelt, der dem Team ca. 8 Stunden pro Woche spart
- Einen internen Workshop zu Data Storytelling durchgeführt
- Enge Arbeitsbeziehungen zu den Teams PM, Engineering und Sales aufgebaut
- Proaktiv Feedback eingeholt und umgesetzt
Dr. Hoffmann war beeindruckt. "Lisa, ich muss sagen, Ihr Start war einer der besten, die ich in meiner Zeit bei DataFlow erlebt habe. Sie haben nicht nur schnell gelernt, sondern auch aktiv Wert geschaffen. Das schätzen wir sehr."
Er bot ihr an, bei einem größeren strategischen Projekt mitzuwirken, das in den nächsten Monaten anlaufen würde. Lisa war begeistert.
Das Netzwerk konsolidieren
Lisa wusste: Netzwerken hört nicht nach drei Monaten auf. Sie etablierte Routinen, um ihre Beziehungen zu pflegen:
- Jeden Monat ein "Lunch & Learn" mit einem Kollegen aus einem anderen Team
- Regelmäßige Updates an ihren Mentor (Nina hatte diese Rolle inoffiziell übernommen)
- Aktive Teilnahme an Firmenevents und Community-Treffen
- Kleine Gesten: Kollegen bei Projekten helfen, Geburtstage notieren und gratulieren, bei Team-Aktivitäten dabei sein
Diese Routinen halfen ihr, nicht nur im Job erfolgreich zu sein, sondern sich auch wohl zu fühlen.
Was Lisa richtig gemacht hat – und was andere falsch machen
Lisas Onboarding war ein Erfolg. Aber nicht jeder hat dieses Glück. Schauen wir uns an, was andere falsch machen:
Der Fall von Tobias: Zu passiv, zu langsam
Tobias startete zur gleichen Zeit wie Lisa bei einem anderen Unternehmen. Er machte das Gegenteil: Er wartete darauf, dass man ihm Aufgaben gab. Er stellte keine Fragen, weil er nicht "dumm" wirken wollte. Er ging nicht zum Team-Lunch, weil er dachte, er würde stören.
Nach drei Monaten war Tobias immer noch "der Neue". Seine Kollegen kannten ihn kaum. Sein Chef war enttäuscht von seinem mangelnden Engagement. Tobias fühlte sich isoliert und unglücklich.
Der Unterschied zu Lisa? Lisa war proaktiv. Sie wartete nicht darauf, dass man ihr alles erklärte – sie fragte nach. Sie wartete nicht auf Einladungen – sie ging auf Menschen zu. Sie wartete nicht auf große Aufgaben – sie schuf selbst Mehrwert.
Der Fall von Anna: Zu schnell, zu selbstbewusst
Dann gibt es das Gegenteil: Anna startete in einem Beratungsunternehmen und wollte sofort beweisen, wie gut sie war. Sie kritisierte bestehende Prozesse, bevor sie sie vollständig verstanden hatte. Sie präsentierte ungefragt große Veränderungsvorschläge. Sie wirkte überheblich.
Ihr Team empfand sie als arrogant. Nach zwei Monaten war Anna zwar sichtbar – aber nicht auf die positive Art. Ihr Chef musste ein ernstes Gespräch mit ihr führen.
Der Unterschied zu Lisa? Lisa balancierte Selbstbewussheit mit Demut. Sie brachte Ideen ein – aber erst, nachdem sie den Kontext verstanden hatte. Sie stellte Fragen, bevor sie Kritik übte. Sie zeigte Respekt für bestehende Strukturen, während sie gleichzeitig Verbesserungen vorschlug.
Die 70-20-10-Regel für Onboarding: In den ersten drei Monaten: 70% Zuhören und Lernen, 20% Fragen stellen und Beziehungen aufbauen, 10% eigene Ideen einbringen. Diese Balance hilft dir, schnell zu lernen, ohne überheblich zu wirken.
Die kulturellen Codes knacken: Ungeschriebene Regeln verstehen
Jedes Unternehmen hat eine eigene Kultur. Manche sind offen und locker, andere formal und hierarchisch. Manche schätzen Direktheit, andere bevorzugen diplomatische Kommunikation. Diese kulturellen Codes zu verstehen, ist entscheidend.
Beobachten, bevor du agierst
Lisa beobachtete in den ersten Wochen genau:
- Wie kommunizieren die Leute in Meetings? Unterbricht man sich, oder wartet man, bis der andere fertig ist?
- Wie wird Kritik geäußert? Direkt und offen, oder indirekt und verpackt?
- Wie formell ist die Sprache? Duzt man sich, oder bleibt man beim Sie?
- Wie werden Entscheidungen getroffen? Konsensbasiert, oder top-down?
- Wie geht man mit Fehlern um? Werden sie offen diskutiert, oder vertuscht?
Durch diese Beobachtungen passte Lisa ihr Verhalten an. Sie merkte, dass bei DataFlow Direktheit geschätzt wurde, solange sie respektvoll war. Dass Fehler als Lernchancen gesehen wurden, nicht als Katastrophen. Dass man sich duzte, aber trotzdem professionell blieb.
Die informellen Machtstrukturen erkennen
Organigramme zeigen die formelle Hierarchie. Aber in jedem Unternehmen gibt es auch informelle Machtstrukturen. Lisa erkannte schnell, dass Nina, obwohl sie formal nur Senior Analyst war, enormen Einfluss hatte. Sie war seit Jahren im Unternehmen, kannte jeden, und wenn Nina eine Idee unterstützte, hatte sie gute Chancen, umgesetzt zu werden.
Lisa investierte Zeit in die Beziehung zu Nina – nicht opportunistisch, sondern authentisch. Sie bat um Rat, sie half bei Projekten, sie zeigte echtes Interesse. Diese Investition zahlte sich aus.
Remote Onboarding: Wenn du nicht im Büro bist
Lisas Onboarding fand größtenteils im Büro statt. Aber was, wenn du remote startest? Die Herausforderungen sind größer, aber die Prinzipien bleiben ähnlich.
Sichtbarkeit aktiv herstellen
Im Remote-Setting musst du noch proaktiver sein. Kein "zufälliges" Treffen an der Kaffeemaschine. Keine spontanen Gespräche nach Meetings. Du musst Sichtbarkeit bewusst kreieren:
- Schalte in Video-Calls immer deine Kamera an
- Melde dich aktiv in Meetings zu Wort
- Nutze Chat-Kanäle, um präsent zu sein (aber nicht zu spammen)
- Vereinbare virtuelle Coffee Chats mit Kollegen
- Dokumentiere deine Arbeit öffentlich (z.B. in Slack-Channels, nicht nur in privaten DMs)
Over-Communication ist besser als Under-Communication
Im Büro sieht dein Chef, dass du arbeitest. Remote nicht. Deshalb: Kommuniziere mehr als du denkst.
- Tägliche Stand-up-Updates über deine Arbeit
- Wöchentliche Zusammenfassungen dessen, was du erreicht hast
- Frage nach, wenn etwas unklar ist – sofort, nicht erst nach Tagen
- Teile Zwischenstände, nicht nur Endergebnisse
Remote Onboarding Hack: Erstelle einen "Virtual Buddy System"-Plan: Bitte deinen Onboarding-Buddy um tägliche 15-Minuten-Check-ins in der ersten Woche, dann wöchentliche in Monat 1, dann zweiwöchentliche in Monat 2-3. Das gibt dir Struktur und stellt sicher, dass du regelmäßig Feedback und Unterstützung bekommst.
Die häufigsten Onboarding-Fehler
Neben den Geschichten von Tobias und Anna gibt es weitere typische Fehler, die neue Mitarbeiter machen:
Fehler 1: Zu viel auf einmal wollen
Manche neue Mitarbeiter versuchen, in Woche 1 alles zu verstehen, alle zu kennen und sofort zu liefern. Das führt zu Überforderung. Gib dir Zeit. Niemand erwartet, dass du in zwei Wochen voll produktiv bist.
Fehler 2: Keine Fragen stellen
Aus Angst, dumm zu wirken, stellen manche keine Fragen. Das ist kontraproduktiv. Fragen zeigen Interesse und Lernbereitschaft. Die einzige dumme Frage ist die, die du nicht stellst – und dann Wochen später einen Fehler machst, weil du etwas nicht verstanden hast.
Fehler 3: Das alte Unternehmen ständig erwähnen
"Bei meinem alten Arbeitgeber haben wir das anders gemacht..." Dieser Satz nervt. Niemand mag Vergleiche, die implizieren, dass dein altes Unternehmen besser war. Wenn du Ideen einbringen willst, formuliere sie als Vorschläge, nicht als Vergleiche.
Fehler 4: Networking ignorieren
Manche denken, gute Arbeit allein reicht. Tut sie nicht. Beziehungen sind genauso wichtig wie Kompetenz. Investiere Zeit in Networking – es ist keine Zeitverschwendung, es ist Teil deines Jobs.
Fehler 5: Kein Feedback einholen
Warte nicht auf das offizielle Review nach drei Monaten. Hole dir regelmäßig informelles Feedback. Das zeigt, dass du lernwillig bist, und hilft dir, Kurs zu korrigieren, bevor Probleme groß werden.
Deine persönliche Onboarding-Roadmap
Hier ist ein strukturierter Plan, den du für dein Onboarding nutzen kannst:
Woche vor dem Start
- Recherchiere das Unternehmen intensiv (Website, Blog, News, Social Media)
- Erstelle eine "Who's Who"-Liste mit LinkedIn-Recherche
- Frische relevantes Fachwissen auf
- Bereite 5-10 Fragen für deinen ersten Tag vor
- Kläre Logistik (Anfahrt, Kleiderordnung, erster Ansprechpartner)
Woche 1
- Führe Coffee Chats mit jedem Teammitglied (15-20 Min.)
- Starte dein Onboarding-Journal
- Frage nach den 30-60-90-Tage-Zielen
- Beobachte die Unternehmenskultur und ungeschriebene Regeln
- Nimm an allen angebotenen Meetings und Events teil
Woche 2-4
- Übernimm erste kleinere Aufgaben und liefere zuverlässig
- Hole nach Woche 2-3 erstes informelles Feedback ein
- Erweitere dein Netzwerk über das eigene Team hinaus
- Identifiziere ein "Quick Win"-Projekt
- Etabliere Routinen für Kommunikation und Zusammenarbeit
Monat 2
- Steigere deinen Wertbeitrag durch eigenständige Projekte
- Positioniere dich in einer Nische oder mit einer besonderen Fähigkeit
- Biete Hilfe proaktiv an, auch außerhalb deines direkten Verantwortungsbereichs
- Dokumentiere deine Erfolge für das 90-Tage-Review
- Vertiefe Beziehungen zu Schlüsselpersonen
Monat 3
- Bereite dein 90-Tage-Review vor (Erfolge, Learnings, Ziele für die Zukunft)
- Hole strukturiertes Feedback von mehreren Personen ein
- Etabliere Routinen für langfristiges Networking
- Reflektiere: Was lief gut? Was würdest du beim nächsten Mal anders machen?
- Plane die nächsten 3-6 Monate: Welche Projekte willst du übernehmen? Welche Fähigkeiten entwickeln?
Warum Lisa erfolgreich war – die Zusammenfassung
Sechs Monate nach ihrem Start saß Lisa mit Nina beim Lunch. "Weißt du noch, wie nervös ich am ersten Tag war?", sagte Lisa lachend.
Nina grinste. "Ja, aber du hast es super gemeistert. Ehrlich gesagt warst du eine der besten neuen Kolleginnen, die wir je hatten."
"Was habe ich denn richtig gemacht?"
"Du warst proaktiv, ohne aufdringlich zu sein. Du hast Fragen gestellt, aber auch zugehört. Du hast Mehrwert geschaffen, ohne zu versuchen, alles zu revolutionieren. Und du bist einfach nett – das klingt simpel, aber es macht einen Riesenunterschied."
Lisa lächelte. Sie hatte verstanden, was viele nicht verstehen: Onboarding ist kein passiver Prozess. Es ist eine aktive Gestaltungsaufgabe. Wer die ersten 90 Tage strategisch nutzt, legt den Grundstein für Jahre erfolgreicher Zusammenarbeit.
Du startest bald in einem neuen Job? Dann mach es wie Lisa. Bereite dich vor. Sei proaktiv. Baue Beziehungen auf. Schaffe Mehrwert. Und vergiss nicht: Niemand erwartet Perfektion. Was zählt, ist deine Einstellung.
Bereit, deine Interview-Skills zu testen?
Übe mit KI-gestützten Interviews und erhalte personalisiertes Feedback.
Jetzt kostenlos übenHinweis: Die in diesem Artikel verwendeten Namen und Beispiele sind fiktiv und dienen der Veranschaulichung.