Die Frage, die Martins Karriere veränderte
Martin Fischer öffnete die Absage-Mail. Standard-Text: "Nach sorgfältiger Überlegung haben wir uns für einen anderen Kandidaten entschieden." Sein erster Impuls: Löschen und vergessen. Absage.
Stattdessen machte er etwas Ungewöhnliches. Er antwortete:
"Sehr geehrte Frau Becker, vielen Dank für die Rückmeldung. Natürlich bin ich enttäuscht, aber ich respektiere Ihre Entscheidung. Darf ich Sie um ehrliches Feedback bitten? Was hätte ich besser machen können? Jede Rückmeldung hilft mir, mich zu verbessern. Ich würde mich sehr über Ihre Einschätzung freuen." verbesserst du dich.
Er erwartete keine Antwort. Aber zwei Tage später kam ein ausführliches Mail von der HR-Managerin: "Fachlich waren Sie stark. Aber Sie wirkten im Interview unsicher bei der Präsentation, und Ihre Antworten zu Konfliktsituationen waren zu theoretisch. Arbeiten Sie an konkreten Beispielen und Präsentationsskills."
Martin nahm das ernst. Er buchte einen Präsentationskurs. Er arbeitete seine Beispiele aus. Sechs Monate später bewarb er sich bei einer anderen Firma – mit den gleichen Schwachstellen, die er jetzt behoben hatte. Er bekam die Zusage.
Zwei Jahre später wechselte Martin – zurück zur ersten Firma, die ihn damals abgelehnt hatte. Die gleiche HR-Managerin interviewte ihn. Sie sagte: "Sie haben sich enorm entwickelt seit unserem letzten Gespräch. Willkommen im Team."
Alles weil Martin nach Feedback gefragt hatte.
Warum die meisten Firmen kein Feedback geben (und wie du es trotzdem bekommst)
Dr. Sandra Schneider, Arbeitsjuristin, erklärt die Realität: "Viele Firmen geben aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen kein Feedback. Ein abgelehnter Kandidat könnte argumentieren: 'Sie sagten, ich sei zu jung – das ist Altersdiskriminierung.' Selbst wenn gut gemeint, ist Feedback ein Haftungsrisiko."
Dazu kommt: Feedback ist aufwändig. HR-Manager haben oft 50+ offene Positionen. Jedem abgelehnten Kandidaten Feedback zu geben, würde Stunden kosten.
Das Ergebnis: Die meisten Absagen kommen ohne substanzielles Feedback.
Aber: Die anderen 10-20% geben Feedback – wenn du richtig fragst.
Insider-Wissen: Je später du im Prozess abgelehnt wurdest, desto höher die Chance auf Feedback. Nach einem ersten Telefonat: 5% Chance. Nach drei Interview-Runden: 40% Chance. Sie haben Zeit investiert – sie sind eher bereit, zu erklären warum.
Die Anatomie der perfekten Feedback-Anfrage
Karrierecoach Lisa Hoffmann hat 200 erfolgreiche Feedback-Anfragen analysiert. Sie folgen einem klaren Muster:
Komponente 1: Dankbarkeit und Akzeptanz
"Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Natürlich bin ich enttäuscht, aber ich respektiere Ihre Entscheidung vollkommen."
Das ist wichtig. Keine Bitterkeit, keine Schuldzuweisung. Du akzeptierst die Entscheidung professionell.
Komponente 2: Die Bitte um Entwicklungs-Feedback
"Ich möchte aus dieser Erfahrung lernen. Dürfte ich Sie um ehrliches Feedback bitten? Was hätte ich besser machen können? Wo sehen Sie Entwicklungsbedarf bei mir?"
Wichtig: "Entwicklungs-Feedback", nicht "Warum habt ihr mich abgelehnt?" Das erste ist nach vorne gerichtet, das zweite klingt anklagend.
Komponente 3: Zeitliche Flexibilität
"Falls Sie Zeit für ein kurzes Telefon haben, wäre ich sehr dankbar. Aber auch schriftliches Feedback per Mail würde mir sehr helfen."
Du gibst Optionen. Ein 10-Minuten-Call ist für manche einfacher als eine Mail zu formulieren.
Komponente 4: Professioneller Abschluss
"Ich schätze jede Rückmeldung sehr und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Besetzung der Position."
Eleganter Abschluss. Keine false hope ("vielleicht klappt's beim nächsten Mal"), nur Professionalität.
Die komplette Mail
Betreff: Feedback-Anfrage – Product Manager Position
Sehr geehrte Frau Meier,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Natürlich bin ich enttäuscht, aber ich respektiere Ihre Entscheidung vollkommen.
Ich möchte aus dieser Erfahrung lernen und darf ich Sie um ehrliches Feedback bitten? Was hätte ich besser machen können? Wo sehen Sie bei mir Entwicklungsbedarf?
Falls Sie Zeit für ein kurzes Telefon (10 Minuten) haben, wäre ich sehr dankbar. Aber auch schriftliches Feedback per Mail würde mir sehr helfen.
Ich schätze jede Rückmeldung sehr und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Besetzung.
Viele Grüße,
Thomas Schmidt
Das ist perfekt: Professionell, demütig (aber nicht unterwürfig), zukunftsorientiert, respektvoll.
Timing ist kritisch: Schicke die Feedback-Anfrage innerhalb von 24-48 Stunden nach der Absage. Zu schnell wirkt emotional, zu spät wirkst du desinteressiert. Der Sweet Spot: 24-36 Stunden. Timing.
Was du mit dem Feedback machst (und was nicht)
Julia Becker bekam Feedback: "Ihre technischen Skills sind stark, aber Sie wirkten im Interview zu zurückhaltend. Wir suchen jemanden mit mehr Präsenz."
Bereit für das nächste Interview: Nutze das Feedback und trainiere gezielt für dein nächstes Gespräch. Mit KI-Feedback kannst du genau an den Punkten arbeiten, die beim letzten Mal nicht optimal liefen.
Julias erste Reaktion: "Das ist so unfair! Ich BIN kompetent, ich muss das nicht laut herausposaunen!"
Aber nach zwei Tagen Reflexion realisierte sie: Sie haben recht. In Gruppensituationen hält sie sich zu sehr zurück. Das ist ein Pattern.
Sie arbeitete daran. Buchte ein Rhetorik-Seminar. Übte bewusst, in Meetings mehr Präsenz zu zeigen. Drei Monate später, im nächsten Interview: Niemand sagte, sie sei zu zurückhaltend. Sie bekam die Zusage.
Die drei Arten von Feedback
1. Objektivierbares Feedback
"Ihnen fehlte Erfahrung in X." – Das ist Fakt. Entweder du holst die Erfahrung nach, oder du fokussierst dich auf Rollen, wo X nicht kritisch ist.
2. Verhaltens-Feedback
"Sie wirkten unsicher" oder "Sie redeten zu viel." – Das ist subjektiv, aber oft wahr. Arbeite daran oder hole zweite Meinungen ein.
3. Culture-Fit-Feedback
"Sie passen nicht zu unserer Kultur." – Das ist weder gut noch schlecht. Akzeptiere es. Nicht jede Kultur passt zu dir. Das ist okay.
Was du NIE tun solltest
Michael Schneider bekam Feedback: "Ihre Antwort zu Konfliktsituationen war schwach."
Er antwortete: "Ich finde nicht, dass meine Antwort schwach war. Im Gegenteil, ich habe..."
Stopp. Das ist Argumentieren. Du hast um Feedback gebeten. Wenn du es dann verteidigst, wirst du nie wieder Feedback bekommen – von dieser Person oder von anderen, die davon hören.
Die Regel: Danken, annehmen, reflektieren. Nicht diskutieren.
Wenn sie trotzdem kein Feedback geben: Plan B
Du hast höflich gefragt. Aber sie antworten nicht, oder nur mit "Wir hatten stärkere Kandidaten."
Plan B: Alternatives Feedback holen.
Strategie 1: Das Mock-Interview-Analyse
Buche mit einem Interview-Coach eine Session. Rekonstruiere das Interview so genau wie möglich. Der Coach kann oft identifizieren, wo du gepatzt haben könntest.
Strategie 2: Die Peer-Review
Erzähle einem vertrauenswürdigen Kollegen vom Interview. "Ich wurde nach X gefragt, habe Y geantwortet. Wie klingt das für dich?" Oft sehen andere Schwächen, die dir nicht auffallen.
Strategie 3: Die LinkedIn-Anfrage
Wenn jemand aus dem Interview-Panel auf LinkedIn aktiv ist, kannst du eine höfliche Nachricht senden: "Hallo [Name], vielen Dank nochmal für das Gespräch letzte Woche. Ich würde gerne aus der Erfahrung lernen – hätten Sie 10 Minuten für ein Feedback-Gespräch?"
Das funktioniert überraschend oft – Menschen auf LinkedIn sind in "Networking-Mode" und offener als per offizieller Firmen-Mail.
Strategie 4: Die Reflektion mit Daten
Tracke deine Interviews. Wo kommst du weiter? Wo scheiterst du? Nach 5-10 Interviews entstehen Muster.
Robert Fischer trackte: "Erstes Telefonat: 80% Erfolgsquote. Persönliches Interview: 60%. Finales Interview: 20%."
Das zeigte: Sein Problem war nicht der erste Eindruck, sondern die finalen Runden. Er fokussierte sein Training darauf – und seine Erfolgsrate bei finalen Interviews stieg auf 50%.
Bereit, deine Interview-Skills zu testen?
Übe mit KI-gestützten Interviews und erhalte personalisiertes Feedback.
Jetzt kostenlos übenHinweis: Die in diesem Artikel verwendeten Namen und Beispiele sind fiktiv und dienen der Veranschaulichung.