Als Katrins Lächeln alles veränderte
Katrin saß im Vorstellungsgespräch für eine Position als Marketing-Managerin bei einem Tech-Startup. Die Atmosphäre war angespannt – drei Interviewer mit ernsten Mienen, klassische Fragen über Stärken und Schwächen. Als die HR-Leiterin fragte: "Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?", kam Katrin plötzlich ein Gedanke: "Hoffentlich nicht mehr in Vorstellungsgesprächen", sagte sie mit einem leichten Augenzwinkern, bevor sie direkt zur ernsthaften Antwort überging.
Die Stimmung im Raum entspannte sich sofort. Die Interviewer lächelten. Katrin hatte mit diesem kurzen Moment des Humors eine Verbindung geschaffen – ohne unseriös zu wirken. Drei Tage später bekam sie die Zusage. Im Onboarding erzählte ihr die HR-Leiterin: "Ihr Humor hat gezeigt, dass Sie auch unter Druck authentisch bleiben." authentisch.
Daniel hingegen machte eine andere Erfahrung. Im Gespräch für eine Stelle als Projektleiter versuchte er, durch mehrere Witze und lockere Sprüche zu punkten. Er kommentierte das Bürogebäude ("Sieht aus wie aus den 80ern"), machte Scherze über die Branche und verlor dabei den professionellen Fokus. Die Absage kam prompt: "Kulturell nicht die richtige Passung."
Die unsichtbare Linie: Wann Humor hilft und wann er schadet
Humor im Vorstellungsgespräch ist ein zweischneidiges Schwert. Er kann Sympathie erzeugen und Nervosität abbauen – oder unprofessionell wirken und das Gespräch entgleisen lassen. Die entscheidende Frage ist nicht OB, sondern WANN und WIE du Humor einsetzt.
Recruiter bewerten Kandidaten tendenziell positiv, die authentisch und mit dosiertem Humor auftreten. Gleichzeitig kann übertriebener oder unpassender Humor ein Ausschlusskriterium sein.
Die drei Grundregeln für Humor im Interview
Regel 1: Reaktiv, nicht proaktiv
Katrin reagierte auf eine Frage mit Humor – sie drängte ihn nicht auf. Daniel hingegen suchte aktiv nach Gelegenheiten für Witze. Der Unterschied ist entscheidend: Reaktiver Humor entsteht natürlich und wirkt authentisch. Proaktiver Humor wirkt oft krampfhaft und deplatziert.
Regel 2: Selbstironisch, nicht auf Kosten anderer
Sicherer Humor richtet sich gegen dich selbst – mit Maß. "Ich habe so viele Kaffees getrunken heute, ich hoffe, ich rede nicht zu schnell" ist harmlos und menschlich. Humor über das Unternehmen, die Branche oder andere Menschen ist tabu.
Regel 3: Kurz und zurück zum Thema
Katrins humorvoller Moment dauerte drei Sekunden, dann kehrte sie zur professionellen Antwort zurück. Das ist die goldene Formel: Ein kurzer Lichtblick, dann wieder Substanz.
Orientiere dich am Ton der Interviewer. Wenn sie formal und ernst sind, bleib professionell. Wenn sie selbst locker auftreten, kannst du vorsichtig mitgehen.
Grünes Licht für Humor: Diese Situationen eignen sich
Beim Small Talk zu Beginn
Marina kam im strömenden Regen zum Gespräch. "Die U-Bahn hat heute Schwimmen als olympische Disziplin eingeführt", sagte sie beim Reinkommen. Die Atmosphäre war sofort entspannt. Small Talk am Anfang ist die sicherste Zone für leichten Humor.
Bei selbstreflektierenden Antworten
Auf die Frage nach Schwächen antwortete Thomas: "Ich bin manchmal zu detailverliebt – meine Kollegen sagen, ich bin der einzige, der Projektdokumentationen tatsächlich liest." Die selbstironische Note macht die Antwort menschlich, ohne die Professionalität zu untergraben.
Bei unerwarteten technischen Problemen
Als Sarahs Laptop im Online-Interview abstürzte, sagte sie nach dem Neustart: "Auch mein Computer wollte eine Kaffeepause." Humor in Stresssituationen zeigt Gelassenheit und Souveränität.
Rote Flaggen: Hier ist Humor fehl am Platz
- Bei fachlichen Fragen: Wenn es um deine Expertise geht, bleib fokussiert. Humor kann hier signalisieren, dass du die Frage nicht ernst nimmst.
- Bei sensiblen Themen: Gehaltsverhandlungen, Kündigungsgründe, schwierige Projekte – hier ist Humor absolut unangebracht.
- Bei der ersten Frage: Lass das Gespräch erst entstehen. Ein Witz als Antwort auf die erste Frage wirkt nervös oder respektlos.
- Bei kritischen Rückfragen: Wenn Interviewer nachhaken oder kritisch nachfragen, bleib sachlich. Humor wirkt hier defensiv.
Die Branchenkultur mitdenken
Humor funktioniert unterschiedlich je nach Branche und Unternehmenskultur. Felix bewarb sich einmal bei einem traditionellen Bankhaus und bei einem Design-Startup – er passte seinen Humor-Level drastisch an.
Konservative Branchen (Banking, Recht, Versicherungen):
Hier gilt maximale Zurückhaltung. Ein kurzes Lächeln bei passender Gelegenheit reicht. Aktiver Humor ist riskant.
Kreative Branchen (Werbung, Design, Medien):
Hier wird Persönlichkeit geschätzt. Dosierter, intelligenter Humor kann ein Pluspunkt sein – aber nie albern oder übertrieben.
Tech und Startups:
Meist lockere Kultur, aber Vorsicht: Auch hier gibt es Grenzen. Authentizität wird geschätzt, Clownerie nicht.
Recherchiere die Unternehmenskultur vorab: Schau dir Social-Media-Auftritte, Employer-Branding-Content und Glassdoor-Reviews an. Der Ton dort gibt dir wichtige Hinweise.
Übung macht den Meister: Übe professionelle Kommunikation. Du erhältst sofort Feedback zu deinen Antworten.
Die STAR-Methode mit einem Hauch Humor
Julia nutzte die STAR-Methode, um von einem schwierigen Projekt zu erzählen – mit einer kleinen humorvollen Note:
Situation: "Unser Team sollte eine Website in drei Wochen launchen – mit Anforderungen, die normalerweise drei Monate brauchen. Ich habe mich gefühlt wie jemand, der ein Haus bauen soll, aber nur Lego-Steine bekommt." kulturellen Fit.
Task: "Meine Aufgabe als Projektleiterin war es, realistische Prioritäten zu setzen und das Team nicht im Chaos versinken zu lassen."
Action: "Ich habe die Features in Must-have, Should-have und Nice-to-have aufgeteilt, täglich kurze Standups eingeführt und transparent mit dem Management kommuniziert, was machbar ist."
Result: "Wir haben pünktlich gelauncht mit allen kritischen Features. Die Nice-to-haves kamen in Phase 2. Das Management hat unsere Ehrlichkeit geschätzt – und wir haben das Projekt ohne Burnout geschafft."
Der humorvolle Einstieg macht die Geschichte greifbar, ohne die Substanz zu verwässern. Julia hat damit perfekt die Balance gefunden.
Warnsignale erkennen: Wenn Humor nicht ankommt
Manchmal merkst du mitten im Gespräch, dass dein Humor nicht zieht. Die Interviewer lächeln nicht, wirken irritiert oder wechseln schnell das Thema. Dann gilt: Sofort zurückrudern.
Was du tun kannst:
- Kehre direkt zur professionellen Antwort zurück
- Entschuldige dich kurz, wenn nötig: "Das war vielleicht unpassend – lassen Sie mich das ernsthaft beantworten"
- Vermeide weiteren Humor für den Rest des Gesprächs
- Konzentriere dich auf fachliche Substanz
Alternatives Vorgehen für Humor-Skeptiker
Nicht jeder fühlt sich wohl mit Humor im Interview – und das ist völlig in Ordnung. Es gibt andere Wege, Sympathie und Authentizität zu zeigen:
- Ehrliche Begeisterung: Zeige echtes Interesse an der Position und dem Unternehmen
- Persönliche Anekdoten: Erzähle authentische Geschichten aus deinem Berufsleben
- Aktives Zuhören: Stelle durchdachte Nachfragen, beziehe dich auf vorher Gesagtes
- Positive Energie: Lächle, sei präsent, strahle Zuversicht aus
Patrick verzichtete komplett auf Humor und punktete stattdessen mit tiefem Fachwissen, strukturierten Antworten und echtem Enthusiasmus für die Aufgabe. Er bekam die Stelle – weil er zu 100% er selbst war.
Die Vorbereitung: Humor nicht planen, aber Situationen kennen
Du kannst und sollst Humor nicht vorbereiten wie eine Antwort. Aber du kannst dich auf Situationen vorbereiten, in denen Humor natürlich entstehen könnte:
- Small Talk zu Beginn: Habe eine lockere Haltung
- Technische Pannen: Übe Gelassenheit
- Selbstreflexion: Denke über deine Macken nach, mit denen du locker umgehen kannst
- Storytelling: Wähle Beispiele, die menschliche Momente enthalten
Übe Vorstellungsgespräche mit Freunden und bitte sie um ehrliches Feedback: Wirkt dein Humor natürlich oder forciert? Passt er zur Situation?
Der Test: Würdest du es deinem Chef sagen?
Eine einfache Faustregel für Humor im Interview: Stell dir vor, die Person gegenüber wäre bereits dein Chef. Würdest du den Witz oder Kommentar dann auch machen? Wenn die Antwort nein ist, lass es.
Diese Regel hat Laura geholfen: Sie hatte den Impuls, einen Witz über die lange Wartezeit im Empfang zu machen. Dann stellte sie sich die Frage – und entschied sich dagegen. Stattdessen erwähnte sie nur freundlich: "Ich habe die Zeit genutzt, um nochmal meine Notizen durchzugehen." Professionell und positiv.
Fazit
Katrin hat es vorgemacht: Humor im Vorstellungsgespräch kann ein wertvolles Werkzeug sein – wenn er dosiert, situationsangemessen und authentisch ist. Er entsteht am besten reaktiv, richtet sich gegen dich selbst (mit Maß) und dauert nur Sekunden, bevor du zur Substanz zurückkehrst.
Daniel hat gelernt: Zu viel Humor oder Humor an der falschen Stelle schadet mehr als er nutzt. Die Balance zu finden ist eine Kunst – aber eine, die du durch Vorbereitung und Selbstreflexion meistern kannst.
Am wichtigsten ist: Sei du selbst. Wenn Humor zu dir gehört, lass ihn in Maßen durchscheinen. Wenn nicht, gibt es viele andere Wege, authentisch und sympathisch zu wirken. Interviewer suchen keine Stand-up-Comedians – sie suchen kompetente, authentische Menschen, die ins Team passen.
Bereit, deine Interview-Skills zu testen?
Übe mit KI-gestützten Interviews und erhalte personalisiertes Feedback.
Jetzt kostenlos üben