Wie Emma mit einer einfachen Technik das Interview gewann
Emma saß im Vorstellungsgespräch für eine Position als Customer Success Managerin. Die Hiring Managerin erzählte von den Herausforderungen des Teams: "Unsere größte Schwierigkeit ist gerade, dass wir viele internationale Kunden haben, aber wenig Verständnis für kulturelle Nuancen. Das führt manchmal zu Missverständnissen." Teamfähigkeit.
Emma nickte, machte eine kurze Notiz und sagte dann: "Wenn ich Sie richtig verstehe: Das Kernproblem ist nicht die Sprache an sich, sondern die kulturellen Unterschiede in der Kommunikation und Erwartungshaltung. Ist das korrekt?"
Die Managerin lehnte sich zurück und lächelte: "Genau das ist es. Sie haben es auf den Punkt gebracht."
Später im Gespräch bezog sich Emma wieder darauf: "Sie hatten die kulturellen Missverständnisse erwähnt – ich habe in meiner letzten Position viel mit asiatischen Märkten gearbeitet und genau diese Herausforderung gemeistert. Darf ich Ihnen erzählen, wie?"
Die Managerin war beeindruckt. Emma bekam die Stelle. Im Feedback-Gespräch sagte die Managerin: "Sie waren die einzige Kandidatin, die wirklich zugehört hat. Die anderen haben nur gewartet, bis sie an der Reihe sind zu reden. Sie haben verstanden, worum es uns geht – und genau das brauchen wir im Customer Success."
Emma hatte keine Magic-Antworten parat. Aber sie beherrschte aktives Zuhören – und das machte den Unterschied.
Ganz anders lief es bei Markus. Er hatte starke Qualifikationen, aber im Interview redete er ständig dazwischen, unterbrach die Interviewer und schien nur auf sein nächstes Statement zu warten. Am Ende sagten die Interviewer: "Er hat uns nicht zugehört – wie soll er dann Kunden zuhören?"
Was ist aktives Zuhören – und warum ist es im Interview so wichtig?
Aktives Zuhören bedeutet mehr als nur schweigen während jemand spricht. Es bedeutet: Verstehen, verarbeiten, signalisieren, dass du verstanden hast – und darauf aufbauen.
Die drei Ebenen des Zuhörens:
Level 1: Oberflächliches Hören
Du hörst die Worte, aber denkst schon an deine Antwort. Du wartest nur darauf, selbst zu reden.
Level 2: Faktisches Zuhören
Du verstehst die Fakten und Informationen, die gesagt werden.
Level 3: Aktives Zuhören
Du verstehst nicht nur die Worte, sondern auch die Bedeutung dahinter, die Emotionen, die unausgesprochenen Botschaften. Du zeigst, dass du verstanden hast. Du baust darauf auf.
Studien zeigen: Erfolgreiche Kandidaten nutzen häufig Techniken des aktiven Zuhörens im Interview. Die große Mehrheit der Hiring Manager bewertet aktives Zuhören als wichtige Soft Skill – besonders für Rollen mit Kundenkontakt oder Teamarbeit.
Interviews sind keine Monologe, sondern Dialoge. Gute Kandidaten hören mindestens so viel zu, wie sie sprechen.
Die Techniken des aktiven Zuhörens im Interview
Technik 1: Paraphrasieren – Das Gesagte zusammenfassen
Was es ist: Du wiederholst das Gehörte in eigenen Worten, um zu prüfen, ob du richtig verstanden hast.
Beispiel von Laura:
Interviewer: "Unser Team arbeitet sehr autonom. Jeder managed seine eigenen Projekte, wir haben wenig Mikromanagement."
Laura: "Das heißt, Sie suchen jemanden, der selbstständig arbeiten kann, eigenverantwortlich Entscheidungen trifft und sich selbst organisiert – ist das richtig?"
Interviewer: "Genau das!"
Warum es wirkt: Es zeigt, dass du aufmerksam bist und sicherstellen willst, dass du verstehst. Außerdem gibt es dem Interviewer die Chance, zu korrigieren, falls du falsch liegst.
Formulierungen:
- "Wenn ich Sie richtig verstehe, bedeutet das..."
- "Also, zusammengefasst: [Kernpunkt] – ist das korrekt?"
- "Sie meinen also, dass..."
- "Das klingt, als ob..."
Technik 2: Vertiefende Nachfragen stellen
Was es ist: Du stellst Fragen, die zeigen, dass du tiefer verstehen willst. guten Fragen.
Beispiel von Tim:
Interviewer: "Die Rolle erfordert viel Cross-Team-Collaboration."
Tim: "Das klingt spannend. Können Sie ein konkretes Beispiel geben, wie so eine Zusammenarbeit aussieht? Mit welchen Teams würde ich am häufigsten interagieren?"
Warum es wirkt: Es zeigt echtes Interesse und Neugier. Du willst nicht nur die Oberfläche kratzen.
Gute Nachfrage-Formulierungen:
- "Können Sie das genauer erklären?"
- "Was bedeutet das konkret im Alltag?"
- "Können Sie ein Beispiel geben?"
- "Wie sieht das in der Praxis aus?"
Technik 3: Nonverbale Signale des Zuhörens
Was es ist: Dein Körper zeigt: Ich bin präsent und aufmerksam.
Wie es aussieht:
- Augenkontakt: Halte Blickkontakt (aber starre nicht)
- Nicken: Leichtes Nicken zeigt "Ich folge dir"
- Körperhaltung: Leicht nach vorne gelehnt, offen (keine verschränkten Arme)
- Mimik: Zeige Reaktionen – lächle, wenn angemessen, zeige Interesse
- Keine Ablenkungen: Kein Handy, keine wandernden Augen, volle Präsenz
Bei Video-Interviews:
- Schaue in die Kamera (nicht auf den Bildschirm), wenn du sprichst
- Nicken und Mimik sind noch wichtiger, da Körpersprache eingeschränkt ist
- Minimiere Ablenkungen im Hintergrund
Technik 4: Bezug nehmen auf früher Gesagtes
Was es ist: Du zeigst, dass du das gesamte Gespräch im Kopf hast, nicht nur den letzten Satz.
Beispiel von Sarah:
Zu Beginn: Der Interviewer erwähnt, dass das Team gerade expandiert.
20 Minuten später, bei Sarahs Frage: "Sie hatten zu Beginn erwähnt, dass das Team expandiert. Wie wird meine Rolle in diese Expansion eingebunden sein? Werde ich direkt mit den neuen Teammitgliedern arbeiten?"
Warum es wirkt: Es zeigt, dass du den gesamten Kontext verstehst und Verbindungen herstellst.
Technik 5: Emotionale Intelligenz zeigen
Was es ist: Du hörst nicht nur auf die Worte, sondern auch auf den Ton, die Emotion, die unausgesprochenen Botschaften.
Beispiel von Julia:
Interviewer (mit leicht besorgtem Ton): "Wir haben gerade sehr viel um die Ohren. Die letzten Monate waren... intensiv."
Julia: "Das klingt herausfordernd. Ist das Team gerade überlastet oder ist es mehr die Geschwindigkeit der Veränderungen, die Druck erzeugt?"
Interviewer (erleichtert): "Beides, ehrlich gesagt. Es ist gut, dass Sie das ansprechen. Wie gehen Sie mit High-Pressure-Situationen um?"
Julia hatte die emotionale Nuance erkannt – und konnte darauf eingehen.
Achte auf Tonfall, Pausen, Körpersprache des Interviewers. Oft liegt die wichtigste Information nicht in den Worten, sondern dazwischen.
Die STAR-Methode durch aktives Zuhören verstärken
Aktives Zuhören funktioniert perfekt mit der STAR-Methode:
Schritt 1: Höre genau zu, was gefragt wird
Nicht nur die Frage, sondern auch der Kontext. Was will der Interviewer wirklich wissen?
Schritt 2: Paraphrasiere wenn nötig
"Sie möchten wissen, wie ich mit Konflikten im Team umgehe – richtig?"
Schritt 3: Beantworte mit STAR
Situation, Task, Action, Result – mit Details, die genau zur Frage passen
Übung macht den Meister: Trainiere aktives Zuhören mit KI-Feedback. Du erhältst sofort Feedback zu deinen Antworten.
Schritt 4: Check-in
"Beantwortet das Ihre Frage oder soll ich noch tiefer auf einen bestimmten Aspekt eingehen?"
Beispiel von Max:
Frage: "Erzählen Sie von einer Situation, wo Sie unter Druck arbeiten mussten."
Max (paraphrasiert): "Sie möchten konkret wissen, wie ich mit Stress und engen Deadlines umgehe – korrekt?"
Interviewer: "Ja, genau."
Max (STAR-Antwort): [Erzählt strukturierte Geschichte]
Max (Check-in): "Hilft Ihnen das Beispiel? Oder möchten Sie mehr über einen bestimmten Aspekt – z.B. wie ich mein Team dabei motiviert habe – hören?"
Der Interviewer war beeindruckt von Max' Reflexivität und Dialog-Bereitschaft.
Häufige Fehler beim Zuhören – und wie du sie vermeidest
Fehler 1: Unterbrechen
Was passiert: Du unterbrichst den Interviewer mitten im Satz, weil du schon weißt, was du sagen willst.
Warum es schadet: Es wirkt respektlos und ungeduldig – Red Flag für Teamarbeit.
Lösung: Atme. Warte 2-3 Sekunden nach dem Ende des Satzes, bevor du antwortest. Diese Pause zeigt, dass du nachdenkst.
Fehler 2: Vorschnell antworten
Was passiert: Du gibst eine schnelle Antwort, ohne wirklich zu verstehen, was gefragt wurde.
Beispiel:
Frage: "Wie gehen Sie mit Feedback um?"
Schnelle Antwort: "Ich nehme Feedback ernst und setze es um."
Das ist vage und zeigt kein tiefes Verständnis der Frage.
Besser: Kurze Pause, dann: "Meinen Sie konstruktives Feedback von Vorgesetzten oder auch kritisches Feedback in schwierigen Situationen?" (Klärung) → Dann detaillierte Antwort mit Beispiel.
Fehler 3: Zu sehr auf deine Antwort fokussiert
Was passiert: Während der Interviewer spricht, denkst du schon an deine nächste Antwort. Du hörst die zweite Hälfte gar nicht mehr.
Lösung: Mache Notizen. Das hilft, präsent zu bleiben und gibt dir einen Anker für deine Antwort.
Fehler 4: Missverständnisse nicht klären
Was passiert: Du verstehst eine Frage nicht ganz, antwortest aber trotzdem – und sprichst am Thema vorbei.
Lösung: Es ist völlig okay zu sagen: "Können Sie die Frage nochmal anders formulieren? Ich möchte sicherstellen, dass ich sie richtig verstehe."
Lieber einmal nachfragen und präzise antworten, als eine Frage falsch verstehen und am Thema vorbeireden.
Fehler 5: Keine Follow-up-Fragen stellen
Was passiert: Der Interviewer gibt eine Antwort, du nickst und schweigst. Kein Dialog entsteht.
Lösung: Stelle vertiefende Fragen. Zeige echte Neugier.
Übungen: Aktives Zuhören trainieren
Übung 1: Podcast-Paraphrasierung
Höre einen 10-minütigen Podcast. Pausiere alle 2 Minuten und fasse das Gehörte in eigenen Worten zusammen. Das trainiert Paraphrasierung.
Übung 2: Mock-Interviews mit Feedback
Bitte einen Freund, ein Mock-Interview zu führen. Seine Aufgabe: Achten, ob du zuhörst. Unterbrichst du? Beziehst du dich auf früher Gesagtes? Stellst du Follow-up-Fragen?
Übung 3: Das 5-Sekunden-Pause-Game
In Gesprächen (nicht nur Interviews): Warte bewusst 5 Sekunden nach dem Ende eines Satzes, bevor du antwortest. Das fühlt sich am Anfang unnatürlich an – wird aber schnell zur Gewohnheit und verbessert massiv deine Zuhörqualität.
Übung 4: Notizen-Technik
Führe ein Notizbuch in jedem Interview. Notiere Schlüsselwörter, wichtige Punkte, Dinge die du später ansprechen willst. Das zwingt dich, aktiv zuzuhören.
Branchenspezifische Zuhör-Strategien
Sales und Customer-facing Rollen
Hier ist aktives Zuhören KRITISCH. Interviewer testen oft explizit, ob du zuhören kannst.
Zeige: Empathie, Nachfragen, Verstehen von Kundenbedürfnissen
Beispiel: "Sie haben erwähnt, dass Ihre Kunden oft frustriert sind mit langen Response-Zeiten. Wie definieren Sie 'lang' – und welche Erwartungen setzen Sie aktuell?"
Tech und Engineering
Hier geht es oft um technische Details. Zeige, dass du komplexe Informationen verstehst.
Zeige: Technisches Verständnis, präzise Nachfragen, Aufbauen auf technischen Details
Beispiel: "Sie haben erwähnt, dass ihr Microservices nutzt. Wie managed ihr Service Discovery und Inter-Service-Communication? Nutzt ihr ein Service Mesh?"
Leadership und Management
Hier achten Interviewer auf emotionale Intelligenz und Nuancen-Verständnis.
Zeige: Verstehen von zwischenmenschlichen Dynamiken, strategisches Denken, Empathie
Beispiel: "Ich höre heraus, dass es nicht nur um Prozesse geht, sondern auch um Change Management und das Team auf die Reise mitzunehmen. Wie ist die aktuelle Stimmung im Team bezüglich dieser Veränderungen?"
Aktives Zuhören bei schwierigen Interviewern
Der vage Interviewer
Problem: Gibt unklare Antworten, spricht in Floskeln
Strategie: Bohre höflich nach. "Das ist interessant – können Sie ein konkretes Beispiel geben, wie das aussieht?"
Der ungeduldige Interviewer
Problem: Unterbricht dich, wirkt gehetzt
Strategie: Sei extra prägnant. "Ich fasse kurz zusammen: [Kernpunkt]. Stimmt das so?" Respektiere seine Zeit.
Der monologisierende Interviewer
Problem: Redet sehr viel, gibt dir kaum Raum
Strategie: Nutze aktives Zuhören als Vorteil. Zeige maximale Aufmerksamkeit, beziehe dich auf Details aus seinem Monolog. Wenn du dann redest, hat es Gewicht.
Der stille Interviewer
Problem: Gibt kaum Feedback, nickt nicht, wirkt stone-faced
Strategie: Lass dich nicht verunsichern. Stelle Check-in-Fragen: "Beantwortet das Ihre Frage oder soll ich noch auf etwas eingehen?" Das holt Feedback ein.
Fazit
Emma hat es perfekt gezeigt: Aktives Zuhören ist keine passive Tätigkeit, sondern eine aktive Skill, die Interviews transformiert. Sie hat nicht nur geredet – sie hat verstanden, was die Interviewer wirklich brauchten.
Markus lernte die harte Lektion: Reden ohne Zuhören ist ein Monolog, kein Dialog. Interviews sind Gespräche – und Gespräche brauchen beide Seiten.
Aktives Zuhören zeigt Respekt, Intelligenz, Empathie und echtes Interesse. Es verwandelt ein Interview von einem Q&A in eine echte Verbindung. Und genau das ist es, was Hiring Manager suchen: Jemand, der nicht nur qualifiziert ist, sondern auch zuhören kann.
Trainiere diese Skill bewusst. Sie wird nicht nur deine Interviews verbessern – sie wird deine gesamte Karriere beeinflussen. Denn die besten Mitarbeiter, Führungskräfte und Kollegen haben eine Gemeinsamkeit: Sie wissen, wann sie reden müssen – und wann sie zuhören sollten.
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